Montag, 20. Oktober 2008

Tag und Nacht

Am Sonntag waren wir in kleiner Besetzung in Portland. Obwohl es recht kühl war, war das Wetter schön, nachdem wir in Portland angekommen sind (schon witzig, aber so ist das hier meistens: man bricht im Nebel auf, schnatternd vor Kälte, und sieht sich bereits gedanklich durch den Regen stapfen - und wenn man ankommt, zack, ist plötzlich die Sonne da *g*).

Wir haben erst den schaumlastigsten Cappuchino der Welt bei Starbucks getrunken (nicht, dass der Schaum nicht lecker gewesen wäre... aber es sollte doch schon mehr als ein Viertel des Bechers mit Kaffee gefüllt sein!), dann sind wir dank unserer sehr gut organisierten Reiseführerin ein paar Sehenswürdigkeiten abgelaufen. Alle nicht so spektakulär. Portland als Gesamtheit ist halt am schönsten.
Aber in einem Park hat uns ein sehr poetischer Moment gefunden. Ein rollbares Klavier, auf dem gespielt wurde. Drumherum Zuschauer/Zuhörer. Ich glaube, das Klavier hatte ich dort letztes Mal schon gesehen, aber charmant war es allemal.

Nach ausgiebigem Shopping (in einem Laden haben wir ungelogen über 2 Stunden gebracht... ich davon 1,5 Stunden draußen lesend, weil meine beiden Begleiterinnen einfach nicht von dem Shop loszueisen waren - dabei war das so ein H&M-Ding, groß halt), sind wir via Bus in einen Vorort gefahren, in dem ein großer asiatischer (hauptsächlich japanischer) Supermarkt gewesen ist und haben dort eingekauft (Wasabi-Erbsen! Fertignudeln! Aaargh!). Und leckeres Sushi gegessen.
Die Rückreise nach Portland um etwa 20h war dann doch etwas stressig, weil wir recht knapp geplant hatten und Angst hatten, zu spät zu kommen, um den letzten Zug nach Salem zu erwischen.
Ich mag es ja, abends im Herbst mit dem Bus zu fahren, das ist so gemütlich und erinnert mich an meine Kindheit (Herbst erinnert mich immer an meine Kindheit, vermutlich wegen den KiGa-St.-Martin-Umzügen?). In Portland sind wir dann mit der Straßenbahn zum Zug gefahren. Und da begann der abenteuerliche Part.

Wir sind nämlich an der Unterführung vorbeigefahren, an dem am Wochenende tagsüber der Saturday Market stattfindet. Um diese Uhrzeit waren allerdings Stände und DIY-Veranda-Künstler/innen verschwunden. Dafür hatten sich dort schätzungsweise über 100 Obdachlose zusammengefunden und häuslich eingerichtet. Das war schon traurig, aber auch unheimlich. Zwar sieht man in Portland - und sogar in Salem - ständig Obdachlose. Auch solche, denen man ansieht, dass der Windfang, in dem sie sitzen, ihr Schlaf- und Wohnzimmer samt Kochnische ist. Das sind Mini-Wohnungen von einigem Umfang. Aber diese Menschenmasse, das war dann noch einmal eine ganz andere Dimension.
So etwas kennt man aus Deutschland ja eher selten. In Berlin haben wir das früher gesehen, aber halt nicht in dem Ausmaß. Das hier sind autarke Vororte für sich.
Irreal war es auch irgendwie, wie in einem sozialkritischen Musikvideo (soviel zu meiner Medienverdorbenheit - für andere Menschen ist ihr Leben ein Drama, meins ist ein Musikvideo.). Trotzdem war ich froh, dass wir hier wirklich nur Zuschauer waren, hinter der Scheibe der Straßenbahn.


Fotos gibt es aber natürlich nur von angenehmen Dingen:


Dieser freundliche Mensch saß mir beim Kaffetrinken schräg gegenüber. Vermutlich hat er (sie?) sich auch über die Sonne gefreut. Mit ein wenig Algenspucke im Mundwinkel ;)



Gebäude, die andere Gebäude spiegeln.



Gebäude, die das profan finden und lieber Kubismus-Gebäude spiegeln.



Ich liebe Grautöne. Besonders in Kombination mit Rottönen. Und Bodenlinien. Das ergibt erhabene Muster. Faszinierend. Könnte ich stundenlang angucken. In dieser Beziehung bin ich sehr autistisch.


Etwas verloren: dieser Pionier auf seinem Pferd.
Im Hintergrund das Kunstmuseum. Und ein Hochhaus.



Unbekannt hat sich des Pferdes erbarmt und ihm ein Brötchen zugedacht.



Schön sanft geschwungene Fassade.
Glas und Zement sollten niemals aus der Mode kommen.
So poetisch.



Eine umsichtige Warnung. Aber mal ehrlich: wer es schafft
a) aus einer Fontäne zu trinken und
b) noch dazu nicht durchnässt zu werden,
der hat sich seine Streptokokken redlich verdient, oder?



Huch, Frankreich. Mitten in Oregon.



Schon wieder ein Hydrant. Man kann einfach nicht anders, die sind so klein und niedlich. Noch dazu orange, das sieht doch aus wie ein Schnee-Anorak-Kind. Abgesehen davon: Grautöne und erhabene Linienmuster.



Noch mehr Portland. Mit diesem sympathischen Kontrast
zwischen professionellen Glasfassaden und dem gammeligen Stiefgeschwister.



Der voyeuristische Blick.
Diese grobkörnigen Wandbilder freuen mich jedesmal.



I've got you under my skin.


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