Montag, 29. Dezember 2008

I stay under glass/ I look trough my window so bright


Internet in Roadside Motels ist auch nicht immer das, was sie versprechen. Deswegen nun einen nachträglichen Eindruck von unserer Flucht aus Portland. Die Geschichten aus San Francisco folgen dann später.

Gestartet sind wir im Schneckentempo durch Portland auf die Interstate, vorbei an dramatischen Winterlandschaften. Dank der Schneeketten jedoch relativ sicher. Erst später (diesmal ich am Steuer) wurde es eisig und Nacht, überfrierende Nässe. Als wir einfach nicht mehr konnten, sind wir in dem billigsten Motel abgestiegen, das wir in der Nähe von Medford (Südoregon) finden konnten. Highlight: Horrorfilm-Bonus, also rein optisch, und drei sichtlich angepisste Waschbären auf dem Parkplatz.

Am nächsten Morgen (nach einer sehr kalten und lauten Nacht, dank Interstate in der Nähe und kapriziöser Heizung) wurde dann schlagartig alles besser: strahlender Sonnenschein, schneefrei und Erleichterung auf allen Seiten. Wir (also ich) sind dann nach Westen zur Küste gefahren, nach einer kurzen Agrarkontrollerfahrung waren wir dann auch schon in Kalifornien.
In Crescent City angekommen, sind uns noch andere Portland-Flüchtlinge begegnet, die nach der Hochzeit ihres Sohnes/Bruders am Portland Airport festsaßen und nun beschlossen hatten, es über San Francisco zu versuchen. Sie hatten übrigens ähnliche Motelerfahrungen wie wir, auch in der Nähe von Medford. Aha. Schwarzen Punkt auf die Straßenkarte gemacht.

Crescent City war seltsam, ein Touristenort ohne Touristen halt. Leer. Aber das Motel war diesmal besser. Die Reise durch Nordkalifornien am nächsten Morgen war dann noch einmal länger als erwartet, aber eis- und schneefrei und landschaftlich sehr abwechslungsreich und schön. So macht autofahren Spaß. An der Küste entlang, auf der 101, durch Redwood Forests (die ich dank mitgebrachter Portlanderinnerung - einer leichten Erkältung - nicht riechen konnte) und Sumpfgebiete (Elche! Andererseits: es war auch kurz vor Weihnachten... aber das waren Rentiere, oder?). Abends sind wir dann über die Golden Gate (6$!) und schwupps, waren wir auch schon in San Francisco. So schnell geht es dann manchmal doch.



So also die Ausgangssituation: brrr.






Crescent City: etwas öde



Wir lernen dennoch rauh-charmante Einheimische kennen...



... und amüsieren uns so gut es geht.


Finally: San Fran, holy cow.


Montag, 22. Dezember 2008

Oh Mamma

Zunächst, bei unserem Tagesausflug nach Eugene, haben wir noch milde und überheblich über die Schneeketten gelächelt. Die angesichts nur leicht schneematschiger Straßen echt überflüssig aussahen. Am Samstag in Portland angekommen, haben wir auch noch gelacht und uns über den tollen Schnee gefreut. Bis wir das Auto freischaufeln mussten, die ersten Straßen gesperrt wurden und viele Geschäfte einfach zublieben.
Da es sich erst einmal nicht erheblich bessern soll und wir nicht vorhaben, unsere Ferien im Hotelzimmer vor dem "Winter Altert!"-Sonderwetterbericht oder bei romantischen Winterspaziergängen durch Portland Downtown (zwar wirklich sehr hübsch, aber auf die Dauer langweilig) zu verbringen, haben wir Fluchtpläne ausgearbeitet. Was war noch einmal diese alberne Ding? Richtig: Schneeketten.
Schneeketten mussten her.
Sonntag sind wir stundenlang durch die Schnee gestapft, durch Hagel und Schnee, durch Wind und Kälte, Kilometer um Kilometer. Erfolgslos. Wir sind zu Fuß durch mehrere Vororte auf der Suche nach dem Walmart, den uns google als den nächstgelegenen ausgespuckt hatte. Es waren letztendlich 80 Blocks nach Osten, 50 Blocks nach Süden. Nach über der Hälfte haben wir glücklicherweise einen Bus gefunden. Aber bei Walmart gab es garkeine Schneeketten. Nur einen langen, eisigen Rückweg.
Zunächst eine Teilstrecke mit dem Bus. Dann das erfolglose Warten auf den Anschlussbus. In einer Kneipe über zwei Stunden auf ein bestelltes Taxi gewartet. Dann eine Weile zu Fuß gestiefelt. Eine Busfahrt, die uns zwar nur 30 Blocks weiterbrachte, uns aber einen schweineunfreundlichen Busfahrer und zwei Tickets für 20$ statt 4$ bescherte (zur Verteidigung von trimet muss gesagt werden, dass alle anderen BusfahrerInnen, die wir getroffen haben, sehr freundlich waren trotz der katastrophalen Situation und uns meistens auch umsonst fahren ließen). Den Rest haben wir dann nachts zu Fuß zurückgelegt, waren ja nur noch 20 Blocks.

Heute haben wir dann ganz gemütlich Schneeketten besorgt bei firestone. Stefan hat sie aufgezogen und in etwa einer Stunde sind wir wohl hoffentlich auf dem Weg Richtung Süden, so weit wir kommen.


Eisige Romantik in Eugene



Da haben wir die Schneeketten noch belächelt



Denn in Eugene war das Wetter noch matschig und relativ harmlos



In Portland gab es dann "echten" Schnee



Portland Downtown, Samstagnachmittag




Rettungsaktion: Unser Mietwagen erfriert



Das geht so nicht weiter...



Dienstag, 16. Dezember 2008

Outside another yellow moon / Punched a hole in the nighttime








Und am Tag, nachdem die Schneedecke belaufen, bespielt und berutscht worden ist


Sonntag, 14. Dezember 2008

I had a dream, Joe






Kaum zu glauben. Heute hat es doch tatsaechlich geschneit :) Ganz viele dicke, fluffige Schneeflocken. Berichten zufolge hatte es das vorgestern um vier Uhr morgens auch schon getan. Kalt genug ist es ja...

Gestern waren wir dann auch noch beim Festival of Lights, das ist eine vorweihnachtliche Parade in sehr amerikanisch. Und eines der alljaehrlichen Highlights in Salem.
Vorneweg: Fotos habe ich keine gemacht, aergert mich grad etwas*.
Daher hier einmal ein Beispiel von www.folholidayparade.org aus dem Jahr 2004: Road Steam Boat.

Und zwar schmueckt jeder ortsansaessige Verein, oeffentliche Einrichtung oder auch Privatpersonen ein Gefaehrt ihrer Wahl mit schoenen bunten Lichtern. (schoen: moeglichst viel, moeglichst blinkend). Dazu gibt es weihnachtliche Musik von ebenfalls von oben bis unten mit Lichterketten umkraenzten Marschkapellen.
Mein Favorit war ja ein Bagger im Sternenhimmelgewand und die blinkenden Maenner und Frauen der Stadtreinigung. Und ein Schneemann-Doppeldecker-Bus in weiss-grellblau, also eher zaghaft coloriert.

* Apropos Foto. Als ich vorhin den Schnee bemerkte und meine Mitbewohnerin jubelnd mit der Kamera nach draussen stuerzte, habe ich natuerlich auch nach meinem Knipsapparat gegriffen. Und dabei festgestellt, dass die Speicherkarte weg war. Da ich sie nach dem letzten Mal Bilderhochladen nachlaessig weggepackt hatte, bin ich in Panik verfallen. Seine Speicherkarte zu verlieren, das ist ein kleiner Tod.
Nach einer halben Stunde hektischer Sucherei, Aufgabe, Suizidgedanken, Kopfleere, Rigor Mortis, allmaehlichem Systematischer-werden bis hin zu einem resignierenden "okay, akzeptieren wir die Fakten und leben weiter" war fuer jeden Emotionstyp etwas dabei.
Und dann liegt das Mistding auf dem Bett und grinst mich frech an. Auferstehung im Bruchteil weniger Sekunden. Ich liebe die Welt.

Dienstag, 9. Dezember 2008

Abschiednehmen

Am letzten Wochenende sind wir an die Küste gefahren, wo wir in einem State Park übernachtet haben, um uns von einigen Orten und natürlich voneinander zu verabschieden. Mit Barbeque, Lagerfeuer und ziemlich viel Regen (der aber nicht sonderlich störte). Ein wenig wehmütig wird man da schon, auch wenn ich mich im Moment doch sehr auf zuhause freue und besonders auf den noch anstehenden Urlaub. Leider ohne Bilder, da ich die Kamera lieber 'zuhause' gelassen habe (wegen der Sicherheit im State Park, obwohl sich die Befürchtungen als unbegründet herausgestellt haben).

Außerdem hat mir der Ausflug einen lang gehegten Oregon-Traum erfüllt: Waschbären :) Und zwar sehr lebendige.
Waschbären tragen die gleichen Räubergene in sich wie chipmunks und sind wie diese die Plage der Naturparks. Ebenso niedlich wie diese, ebenso wenig menschenscheu und dreist. Nur viel größer. Und in Rudeln auftretend. Wenn man einem Waschbär, der sich gerade über die eigenen Vorräte hermachen will, Aug in Aug gegenüber steht und seine einzige Reaktion auf Touristen ist, sich auf die Hinterpfoten aufzurichten und giftig zu gucken, dann ist das nicht nur sehr süß, sondern einem wird auch bewusst, dass ein Waschbär trotz allem in erster Linie ein Raubtier ist. Das uns nur nicht angreift und frisst, weil Menschen zu groß sind.
Nachts haben wir sie dann schreien gehört, als sie um unsere Hinterlassenschaften kämpften. Zwar hatten wir das meiste weggeräumt, aber die ganzen Bierflaschen usw., das war alles gnadenlos untersucht und dabei verwüstet worden. Das Ganze sah am nächsten Morgen nach einem Schlachtfeld aus. Trotzdem: so possierliche und hübsche Tiere :)

Noch ein paar Weihnachtsbilder, die ich auch leider nur beschreiben kann.

Nämlich: eine sehr US-amerikanische Krippenerfahrung.
Wir dachten, Krippen kämen aus dem Erzgebirge und repräsentieren neben christlichen Werten solides und besinnliches Kunsthandwerk? Wir verweichlichten Kultursnobs von gestern. Krippen sind schließlich auch im 21. Jahrhundert angekommen. In einigen Ländern mehr, in anderen weniger. Aber kommen wir zur Sache.
Die erste adventliche Erscheinung (oder besser: Erleuchtung) hatte ich auf dem Walmarkt-Parkplatz. Ein Arrangement von mannshohen, sanft glühenden (da von innen beleuchteten) Krippenfiguren. Schön artig in Szene gesetzt in einem ebenfalls festlich beleuchteten Wagen, der nicht von ungefähr an eine fahrbare Pommesbude, die sich vorne aufklappen lässt, erinnerte. Oder an Schaustellerbüdchen auf der Kirmes. Und natürlich sah das Christuskind aus wie eine Babypuppe. Nur halt mit Innenbeleuchtung.
Entgegen aller guten Vorsätze wenig dazu geeignet, auf einem tristen und verregneten Parkplatz Adventsstimmung zu schaffen.
Ich dachte ja schon, diese Vorstellung sei nicht zu überbieten. Zumindest so lange, bis wir auf dem Rückweg am Straßenrand die aufblasbare Wasserball-Version der Heiligen Familie gesehen haben. Das war keine Parodie, sondern ernst gemeint. Sollte ich jemals ein prima Beispiel für Dekonstruktivismus benötigen, ich weiß nun, wo ich es finden kann.

Übrigens hat mir jemand erzählt, er plane, nach dem nächsten Semester, im Wagen von der West- zur Ostküste zu fahren. Das ist so super, das würde ich auch so gerne machen (im Paralleluniversum, wo ich mehr Zeit und Geld habe). Das ist doch wirklich der Amerikanische Traum zum Anfassen. Auch wenn es vermutlich im Mittleren Westen eher ein Alptraum der Langeweile wird. Dazu braucht man nicht einmal alle guten roadmovies geguckt oder Jack Kerouac gelesen zu haben (letzteres habe ich ja jetzt endlich mal gemacht).

Freitag, 5. Dezember 2008

Nur noch ein Monat bis Europa

Das ist wohl das ambivalente Heimkehrer-Gefühl: zwar zieht es mich schon recht stark heimwärts, aber eigentlich will ich hier noch gar nicht so richtig fort. Da fechten "Weihnachten mit der Familie" und "du warst ja 'nur' an der Westküste" ('nur' - wie blöd! immerhin!) einen Kampf mit harten Bandagen aus.
Zum Trost habe ich jetzt von meiner Familie einen sehr lustigen und herzerfrischenden Adventskalender zugeschickt bekommen. Es lebe das Zeitalter der DigiCam :)

An diesem Wochenende unternehmen wir Internationalen auf jeden Fall unseren letzten gemeinsamen Ausflug im großen Kreis, darauf freue ich mich sehr. Ist schon komisch, wenn man einige Leute jeden Tag gesehen hat, für vier Monate, und plötzlich gehen die Wege auseinander. Und einige leben ja nun einmal nicht in Europa (auch wenn die chinesische Austauschstudentin mir zu meiner Freude bereits einen Deutschlandbesuch "angedroht" hat).

Mittwoch, 3. Dezember 2008

Whatever makes her happy on a Saturday night

Nachdem Vancouver bereits am 21.11. angekündigt worden ist von einem Schwarm Kanadagänse, die auf der Durchreise waren und auf dem Campus eine Rast eingelegt haben, war es dann am Mittwoch endlich so weit.
Das Glücksgefühl, das mich immer überkommt, wenn ich wieder in der Großstadt stehe, kann ich kaum beschreiben. Atem. Leben. Straßenschluchten. In Vancouver kommt noch dazu, dass es am Meer liegt (und das Konzept Großstadt mit Wasser zieht nun einmal immer bei mir) und eingerahmt ist von malerischen weißblauen Bergen.

Außerdem lag unser Hotel in der Nähe von Yaletown, dem Vancouver Kiez; sehr viele Cafés, Bars und Clubs, die nicht nur von außen, sondern auch von innen sehen lassen konnten (aber auch Gastown, Granville usw. waren sehr nett). Die ideale Stadt strukturiert sich sowieso nach guten Cafés und nicht nach Kirchen, Punkt.

Eine positive Überraschung: Vancouver ist so gar nicht holzfällerig. Das darf man nicht laut sagen, ich weiß, weil es an den Haaren herbeigezogen ist. Aber trotzdem hatte ich ein wenig Lumberjack Big Village erwartet. Wenigstens in den Hinterhöfen und Seitengassen. Doofe kulturelle Stereotype. Der durchschnittliche Vancouverite war dann doch eher urban gekleidet, ohne rotschwarzes Karohemd und zu 15-20% sowieso mit einem asiatischen Hintergrund ausgestattet. Dazu sehr viele TouristInnen, vor allem aus Japan, die ja sowieso meistens sehr schick sind.

Von der Skyline (hier von Wikipedia) habe ich leider keine schönen Fotos machen können, zum einen fehlte die Entfernung, zum anderen hat es die meiste Zeit ununterbrochen geregnet. Schade, denn Vancouver sieht wirklich besonders aus, gelegen in einer malerischen Bucht, direkt gegenüber die Bergkette, die in den Straßenschluchten als Hintergrund immer präsent sind (siehe unten). Das gibt einen sehr schönen, fast märchenhaften Effekt, eine sehr "andere" Atmosphäre: winterhaft, kalt, zart.

Das nasse Wetter haben wir übrigens mit einer Charge dieser kultigen transparenten Tokyo-Regenschirme ausgeglichen, die wir am ersten Tag sicherstellen konnten. Die waren so schön. Wäre meiner nicht am letzten Tag kaputt gegangen, ich hätte ihn niemals wieder verloren (hab ich beim heißgeliebten rosa Leo-Schirm auch geschworen,... ach, Schirmi).


Fotos Vancouver


Die Stadtbibliothek, die dem Kolloseum nachempfunden ist
Schöne mediterrane Terracottatöne im Winter



Etwas Skyline bei Mistwetter
und mit Booten



Elegante Winter-Seevögel gab es auch



Und ebenso winterhafte Bäume



Mit besagter Bergkulisse im Hintergrund




Canada Place im Hafen mit gesetzten Segeln


Beweisfotos: In Vancouver regnet es. Immer. Überall.
oder: unser Frühstücks-Anblick



Die Seinfeld-Toilette, wobei mir das T-Wort angesichts des Kamins (unter dem namensgebenden Foto) unangebracht erscheint



Ich mag keine Wandbilder, die Passanten einschüchtern wollen



Die Kampfgenossin mit masturbierender Schaufensterpuppe im Hintergrund



Zum Schluss kommen wir trotz so viel Militarismus nicht darum herum:
Weihnachten am Horizont